So können Sie TPI für sich anwenden – Teil 1

von Maud Schlich

Einführung

Das Test Process Improvement Modell (kurz: TPI) ist eines von mehreren gängigen Testprozessverbesserungsmodellen. Es wurde 1997 von IQUIP entwickelt und unterliegt dem Markenrecht von Sogeti Niederlande (siehe Hinweis auf Rechte).

Für die Automotive Branche wurde einige Jahre später zusätzlich eine Variante erstellt, die den besonderen Belangen dieser Domäne Rechnung tragen und vor allem eine Ergänzung zu Automotive SPICE darstellen sollte.

Seit 2009 gibt es eine grundlegende Überarbeitung: TPI® NEXT Business Driven Test Process Improvement. Das dazu passende deutsche Buch ist 2011 im dpunkt-Verlag erscheinen:  TPI NEXT® – Geschäftsbasierte Verbesserung des Testprozesses.

Prinzipieller Aufbau von TPI

TPI enthält 20 Kernbereiche:

  1. Teststrategie
  2. Einsatz des Phasenmodells
  3. Zeitpunkt der Beteiligung
  4. Kostenvoranschlag und Planung
  5. Test-Spezifikationstechniken
  6. Statische Testtechniken
  7. Metriken
  8. Test-Tools
  9. Testumgebung
  10. Testarbeitsplatz
  11. Engagement und Motivation
  12. Testfunktionen und Ausbildungen
  13. Reichweite der Methodik
  14. Kommunikation
  15. Berichterstattung
  16. Dokumentation der Abweichungen
  17. Testware-Management
  18. Testprozessmanagement
  19. Prüfen (s. dazu auch Reviews in TPI )
  20. Low-Level-Tests

Diese Kernbereiche sind ebenfalls in Automotive TPI enthalten und werden durch einen weiteren Kernbereich

21. Integrationstests

ergänzt.

Diese Kernbereiche werden mit Hilfe von Kontrollpunkten bewertet und können sich prinzipiell auf den Ebenen “<A”, “A”, “B”, “C” oder “D” befinden. Einige Kernbereiche können maximal die Ebene B erreichen und für den Kernbereich Testarbeitsplatz gibt es sogar nur die Ebene A.
Die Festlegung des Solls und die Darstellung des Ist durch ein Assessment wird mit Hilfe einer Entwicklungsmatrix erstellt.

Beispiel einer TPI-Entwicklungsmatrix Beispiel einer TPI-Entwicklungsmatrix

Das Erreichen einer Ebene entspricht dann im jeweiligen Kernbereich einer Stufe von 0, 1-5 (beherrschbar), 6-10 (effizient) und 11-13 (optimierend). Diese Stufigkeit visualisiert auch die Abhängigkeiten, die einzelne Kernbereiche voneinander haben.

Beispielsweise ist der Kernbereich Metriken mit der Ebene A auf Stufe 5, da es in früheren Stufen keine oder zumindest wenig benutzbare Metriken gibt. Eine Abhängigkeit besteht z.B. zu dem Kernbereich Dokumentation der Abweichungen, der mindestens auf Ebene A (= Stufe 1) sein muss und zum Kernbereich Berichterstattung, der mindestens auf Ebene B (= Stufe 4) sein muss, umd die Metriken zu ermitteln und interpretieren zu können.

Das Besondere an TPI im Vergleich zu anderen Modellen sind die genauen Fragen in den Kontrollpunkten und die darauf abgestimmten konkreten Optimierungsvorschläge. In der deutschen Ausgabe beginnt mit dem Teil II auf Seite 181 dann eine Zusammenfassung von TMap und somit ein Nachschlagewerk, was unter den Stichworten in den Kontrollpunkten und Optimierungsvorschlägen zu verstehen ist.

Auf der Website der Sogeti gab es bis zum Erscheinen von TPI NEXT auch ein Excel-basiertes Tool zur Bestimmung des Ist-Standes nach TPI, leider habe ich das nicht mehr gefunden. Wer Interesse hat, kann aber gerne meine Version dieser Datei erhalten oder er nimmt die Automotive TPI Version, die ohnehin mit dem Integrationstest als 21. Kernbereich eine Ergänzung erfahren hat, die für alle Branchen wichtig ist. Die Automotive spezifischen Dinge, sind nur in geringem Maß enthalten und beschränken sich auf wenige Fachbegriffe wie HIL und SIL, die es aber auch in anderen Bereichen mit eingebetteter Software gibt.

TPI NEXT

TPI Next ist in völlig neue Kernbereiche strukturiert worden:

  1. Enagement der Stakeholder
  2. Grad der Beteiligung
  3. Teststrategie
  4. Testorganisation
  5. Kommunikation
  6. Berichterstattung
  7. Testprozessmanagement
  8. Kostenschätzung und Planung
  9. Metriken
  10. Fehlermanagement
  11. Testwaremanagement
  12. Methodisches Vorgehen
  13. Professionalität der Tester
  14. Testfalldesign
  15. Testwerkzeuge
  16. Testumgebung

Die Anzahl der Stufen von 0-13 ist gleichgeblieben, geändert hat sich allerdings die Einstufung in Ebenen. Es sind nicht einfach mehr geworden, wie es auf den ersten Blick aussieht – ihre Bedeutung hat sich im Kontext der sogenannten Cluster geändert. Nimmt man den von den Autoren vorgeschlagenen “Basisweg”, so sollte man in der Verbesserung der Testprozess zuerst die Kontrollpunkte für das Cluster A in den jeweiligen Kernbereichen prüfen bzw. verbessern. Erst wenn das vollständig erreicht ist, geht man dann zum nächsten Cluster weiter.

Die Stärke von TPI NEXT liegt in der Anpassbarkeit des Modells an die Unternehmensziele: je nachdem, wie diese aussehen, lassen sich die Cluster neu konfigurieren und somit werden andere Kernbereiche bzw. Kontrollpunkte früher oder später relevant als bei der Basisversion.

Das ging im Prinzip natürlich auch schon bei TPI wurde dort aber nicht vom Modell selbst unterstützt.

Die Entwicklungsmatrix lässt sich samt einem dazugehörigem Handbuch direkt von TMAP / TPI NEXT Website herunterladen. Das Handbuch ersetzt nicht die Lektüre des TPI NEXT Buches selbst – ohne entsprechendes Wissen aus diesem Buch ist die Nutzung des Tools schwierig.

Ausblick

Im nächsten Teil II geht es um die Definition des Soll-Zustandes, um zu wissen, wohin man sich verbessern möchte.
Teil III beschäftigt sich dann mit der Analyse des Ist-Zustandes,
Teil IV mit der Durchführung der Verbesserungsmaßnahmen.


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