Die 3 wichtigsten Regeln für Reviewer

von Maud Schlich

Da stehen Sie nun und sollen ein Dokument begutachten und Ihre Anmerkungen, Fehlerhinweise oder Verbesserungsvorschläge an den Autor oder bei formaleren Reviews einem Moderator geben. Wie sollen Sie jetzt vorgehen? Befolgen Sie diese einfachen drei Regeln ...

Regel 1: Einmal ist keinmal

Wenn Sie die Aufgabe erhalten, Fehler in einem Reviewojekt zu suchen, dann werden Sie sich als Erstes damit vertraut machen müssen. Sie lesen Sie das Dokument oder betrachten das Objekt beim ersten Mal, um den Inhalt zu verstehen. Sicher finden Sie dabei auch schon den einen oder anderen Fehler, es sind aber meistens diejenigen, die direkt ins Auge stechen. Unschöne Formatierungen, fehlerhafte Rechtschreibung, verbesserungsfähgies Layout, ...

Erst mit dem zweiten Lesen haben Sie eine gute Chance, schwerer zu entdeckende Fehler zu finden. Warum ist das so?

  • Sie können sich auf die Suchen nach Problemen konzentrieren.
  • Sie können Querbezüge herstellen oder fehlende bzw. fehlerhafte Verweise finden.
  • Sie können Widersprüche innerhalb des Reviewobjektes aber auch zu anderen Dokumenten aufdecken.
  • Sie können Stilbrüche, ungewollte Kontextwechsel, fehlerhaftes Ansprechen der Zielgruppe und ähnliche "Brüche" im Verlauf des Reviewobjektes bemerken.
  • SIe können generelle (systematische) Fehler bzw. wiederholte Fehler im Gesamtzusammenhang erkennen.
  • Sie können Abweichungen von Sollvorgaben vor allem inhaltlicher Art leichter erfassen.

Regel 2: 2x15 Minuten

Bei formalen Reviews - vor allem bei Inspektionen - erhalten Sie zur Orientierung eine Leserate. Diese hilft Ihnen einzuschätzen, wie viel Zeit Sie sich für Ihre individuelle Vorbereitung - also für das Suchen nach Befunden - nehmen sollten.

Wenn Sie aber keine bekommen haben? Oder diese für Ihr Gefühl viel zu hoch ist? Oder Sie lesen und lesen und lesen und scheinen nichts zu finden?

Dann hilft Ihnen diese Vorgehensweise:

  1. Wenn Sie nach 15 Minuten intensiver Lesezeit in einem bereits gelesenen Dokumentteil keine Abweichungen mehr finden, gehen Sie zum nächsten Teil über.
  2. Wenn alles gelesen wurde, überfliegen Sie das Dokument noch einmal.
  3. Wenn Sie nach weiteren 15 Minuten nichts mehr finden, beenden Sie die Individuelle Vorbereitung fürs Erste.
  4. Wenn Sie können, lesen Sie das Reviewobjekt im Abstand von einem Tag nochmals durch.

Warum funktioniert das?

In unserem Buch Reviews in der System- und Softwareentwicklung (Kapitel 4.3) erklären wir Autoren ausführlich unsere These, dass es eine prinzipiell konstante Fehlerentdeckungsrate gibt.

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D. h. es werden je Zeiteinheit etwa gleich viele Fehler gefunden, wenn die Fehlerrate im Dokument nicht unüblich stark streut. Nach dem Ende der Lesezeit sind mit einer optimalen Inspektionsrate vermutlich nahezu alle Fehler gefunden, die der einzelne Reviewer mit der von ihm genutzten Lesetechnik zu diesem Zeitpunkt finden kann. Das bedeutet nicht, dass alle Fehler insgesamt gefunden wurden. Schon der Wechsel der Lesetechnik von ad-hoc zu checklistenbasiert sorgt möglicherweise für eine neue Betrachtungsweise der Reviewobjektes und damit für das Aufdecken anderer als der bisherigen Befunde.

 

Regel 3: Verpassen Sie nicht die Chance

Diese Regel ist ganz sicher die kürzeste und Bedarf keiner großen Erläuterung - dennoch wird Sie viel zu selten beachtet:

Lernen Sie aus dem, was später in der Sitzung von anderen Gutachtern, aber nicht von Ihnen gefunden wurde. Fragen Sie sich:

  • Wo können Sie das nächste Mal intensiver lesen?
  • Welche Schwerpunkte haben Sie, welche haben die anderen Reviewer gesetzt?
  • Was könnten Sie als Autor eines ähnlichen Dokumentes zukünftig besser machen?
  • Welche Werkzeuge (auch Hilfsdokumente, Vorlagen, Richtlinien, ...) sollten überarbeitet werden, um den Autor bei der Vermeidung der Fehler besser zu unterstützen?
  • Und welche Werkzeuge (z.B. auch Checklisten) könnten für Sie überarbeitet oder erstellt werden, damit schwerwiegende Befunde zuverlässiger im Review aufgedeckt werden können?
  • Welche Konsequenzen können Sie aus dem Review für die Dokumente ziehen, die Sie im weiteren Projektverlauf erzeugen werden? Z.B. als Folgedokument aus dem Reviewobjekt?

Wenn Sie an einer Reviewsitzung teilnehmen, die gut moderiert wird, dann nehmen Sie möglicherweise auch an der sogenannten dritten Stunde teil (siehe dazu Kapitel 5.3 im Buch Reviews in der System- und Softwareentwicklung ) . Das ist der richtige Zeitpunkt, um solche Fragen zu diskutieren und umso effektiver, wenn Sie auch dazu bereits vorbereitet sind.

 

Sicher gibt es noch einige weitere Regeln - vor allem einige, die abhängig von der Lesetechnik sind. Dennoch halte ich diese drei Regeln für die Wichtigsten, die Sie leicht und einfach befolgen können und die Ihnen sicher gute Ergebnisse Ihrer individuellen Vorbereitung ermöglichen.

Was ist Ihre Erfahrung? Welche Regel hat Ihnen am meisten geholfen? Über Ihre Anmerkungen, Fragen und Vorschläge freuen wir uns.


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