10 Schritte zu einem guten Start ins nächste Testprojekt (Teil 3)

von Maud Schlich

Ein neues (Test-)Projekt für Sie? In zehn Schritten legen Sie die Basis für einen guten Start und damit auch ein erfolgreiches Ende - ganz egal, ob Sie in einem agilen Umfeld unterwegs sind oder das V-Modell als Leitlinie haben. Im ersten Schritt haben Sie Ihre Testprojektziele definiert, im zweiten Schritt ging es um die Stakeholder. Dieser Schritt behandelt die Basis der Teststrategie.

Häufig herrscht Unklarheit darüber, was eigentlich eine Strategie ist und wie diese konkret aussieht. Daher folgt erstmal die Definition nach ISTQB und dann Tipps zum Erstellen.


Definition Teststrategie

Nach dem ISTQB®-Glossar in der deutschen Übersetzung des German Testing Boards ist Teststrategie die

Abstrakte Beschreibung der vorgesehenen Teststufen und der Art und Weise, wie innerhalb dieser Teststufen vorzugehen ist, für eine Organisation oder ein Programm - gültig für ein oder mehrere Projekte.

ISTQB® GTB Standardglossar der Testbegriffe; Version 2.3 vom 13.04.2014; © ISTQB AISBL, German Testing Board e.V.

Die Teststrategie ist häufig verteit auf mehrere Dokumente. In Unternehmen mit eher Wasserfall- bzw.V-Modell lastigem Test gibt es typischerweise sowohl übergeordnete Dokumente (z.B. das Qualitätsmanagement-Handbuch und oft zusätzlich eine Testpolitik, die auch Testrichtlinie genannt wird) als auch ein nur für das Projekt gültiges Dokument ((Master-)Testkonzept).

Im agilen Kontext gibt es manchmal ebenso eine auf Unternehmensebene definierte Testpolitik (selten in einem eigenständigen Dokument, sondern eher in den Leitlinien des gesamten Unternehmens zu finden). Die Strategie auf Projektebene ist dort leider häufig nicht konsequent definiert und findet sich dann stückweise in Testchartas wieder.


Testrichtlinie (Testpolitik)

Qualitätspolitik_Testpolitik

Das Wort Politik impliziert es schon: sie kommt von "ganz oben" und enthält Vorgaben, an die sich alle nachfolgenden "darunter" orientieren müssen. "Ganz oben" heißt: hier geht es um Geschäftsführung oder Vorstand zusammen mit dem Management der Abteilungen, die direkt oder indirekt für die Produkte und deren Qualität verantwortlich sind. Dies sind z.B.

  • Produktentwicklung
  • Forschung & Entwicklung (Research & Development)
  • IT
  • Systementwicklung
  • Qualitätsmanagement
  • ggf. Marketing

Die Testrichtlinie leitet sich aus der Qualitätsrichtlinie ab und ist häufig ein direkter Teil von ihr. Sie beschreibt auf einer abstrakten Ebene,

  • was das Testen im Unternehmenskontext bedeutet,
  • welche Testbegriffe es im Unternehmen gibt,
  • wie Prozesse, Rollen, Dokumente und Verantwortlichkeiten definiert sind,
  • welche messbaren Ziele durch das Testen erreicht werden müssen,
  • wie eine übergeordnete Kontrolle der Testprozesse erreicht wird und
  • wie daraus Verbesserungen abgeleitet werden (manchmal mit Nennung von Initiativen mit konkreten Zielvorgaben, wie z.B. TMMi Maturity Level 2 oder Ähnliches).

Eine solche Testrichtlinie wird von den Verantwortlichen gemeinsam erarbeitet. Das In-Auftrag-geben an interne Mitarbeiter oder externe Berater und anschließend das bloße Abzeichnen / Freigeben führen fast immer dazu, dass die Testpolitik nichts mit der Unternehmenspolitik zu tun hat oder zu allgemein beschrieben ist. Sie wird dann ignoriert oder - schlimmer noch - trotz offensichtlicher Fehler buchstabengetreu eingehalten.

Dabei benötigen Sie für die gemeinsame Erarbeitung nicht allzu viel Zeit:

  • ein Workshop, in dem eine gemeinsame Ausrichtung erfolgt,
  • 1-2 Wochen, in der jeder Einzelne Vorgaben aus seiner Sicht erarbeiten muss (Aufwand typischerweise <2 h)
  • ein abschließender Workshop, in dem die Vorgaben aller zusammengetragen, diskutiert und gemeinsam verabschiedet werden (Freigabe) und
  • eine abschließende Etablierung der Richtlinie im Unternehmen (Informieren, Verteilen und/oder Schulungen durchführen)

Eine gute Testrichtlinie zeichnet sich dadurch aus, dass sie aktuell ist und tatsächlich eine Richtschnur für das Handeln der betroffenen Personen ist. Dazu muss sie konkret genug sein, um nicht nur Lippenbekenntnisse zu enthalten à la "Wir wollen die beste Qualität". Und sie muss abstrakt genug sein, um für prinzipiell alle Projekte zu gelten. Ausnahmen sollten möglich sein, wenn diese in den projektspezifischen Dokumenten begründet werden.

Gerne unterstützen wie Sie bei THE QUALITEERS mit der Konzeption und mit der Moderation bei der Erarbeitung.


Teststrategie als eigenes Dokument

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Bisher ist mir noch kein Unternehmen begegnet, dass ein Dokument mit dem Namen Teststrategie im Unternehmen hatte. Häufig jedoch gibt es ein Test(management)handbuch oder ein Prozessmodell, in dem alles Allgemeingültige zum Testen beschrieben wird. Diese Art der Dokumentation ist mit Teststrategie gemeint. Es geht um

  • die abstrakte Beschreibung der Teststufen
    • Wie heißen diese in Ihrem Unternehmen?
    • Was genau verstehen Sie darunter?
    • Wer macht was wann?
    • Welche Eingangs- und Ausgangsbedingungen gibt es?
  • die Definition der zu nutzenden Testspezifikationsverfahren und Werkzeuge
    • Welche Verfahren nutzen Sie?
    • Welche Tests werden automatisiert? (Zielvorgaben?)
    • Welche (Test-)Werkzeuge müssen genutzt werden?
  • die Festlegung wie mit Risiken bezüglich des Testens umgegangen wird
    • Welche Integrity Level / Risikostufen gibt es?
    • Wie und von wem werden diese zu welchen Zeitpunkten ermittelt?
    • Wie werden Tests auf Basis der Integrity Levels / Risikostufen skaliert?
    • Wie werden Projektrisiken an das Testmanagement kommuniziert und wie vom Testprojekt an die Projektleitung? Wie werden diese behandelt?
  • die Definition der Dokumentation
    • Was wird von wem in welchem Dokument wie oft dokumentiert?
  • die umgebenden und die unterstützenden Prozesse
    • Wie funktioniert das Releasemanagement?
    • Wie sind Abweichungsmanagement und Changemanagement definiert?
    • Wie wird das Konfigurationsmanagement genutzt?

Dass dieses Inhalte auch tatsächlich aus der Testpolitik (Testrichtlinie) abgeleitet werden sollten, ist Ihnen sicher klar. Daher empfehlen wir bei der Erarbeitung der Testrichtlinie vor der Freigabe, dass eine Teststrategie exemplarisch erstellt werden soll, um die Qualität der Testrichtlinie zu prüfen. Wenn (häufig genug), ein Prozessmodell oder Ähnliches noch vor der Testpolitik vorhanden sind, dann bietet sich ein Review an. Dabei gibt es sowohl Befunde an dem Prozess als auch an der Politik.

Für dieses Review stellen wir Ihnen gerne eine passende Checkliste bereit.


 

Die Aufgabe der Politik liegt in der möglichst richtigen Voraussicht dessen, was andere Leute unter gegebenen Umständen tun werden.

Otto von Bismarck


Um die Teststrategie für Ihr konkretes Projekt zu bestimmen, ist es notwendig zuerst die Risiken zu analyiseren. Denn eine gute Testprojektstrategie ist risikoorientiert. Im nächsten Artikel geht es daher um das Thema Risikomanagement im Test und danach greifen wir das Thema Teststrategie im Projekt erneut auf und konkretisieren diese für Ihr Testprojekt.

Ich lade Sie ein, dieses Thema mit mir zu diskutieren, vereinbaren Sie einfach einen Termin in meinem Kalender mit mir.

 


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